Michele Vono, Leiter Public Affair, Verband Schweizerischer Kantonalbanken
Erst kürzlich haben diverse ausländische Medien unter der Rubrik der skurrilsten Gesetze der Welt berichtet, dass es in der Schweiz ein nächtliches Spülverbot gelte. Auch wenn hier zulande ab 22 Uhr Nachtruhe herrscht, würde ein solches Gesetz zu sehr in die Persönlichkeitsrechte eingreifen. Entsprechend können diese Medienberichte als Mythos abgestempelt werden. Nichtsdestotrotz wird in der Schweiz vieles und bis ins kleinste Detail reguliert – und oftmals, ohne dass Ziel und Nutzen einer Regulierung gegen die Kosten aufgewogen werden. So wird die Regulierung selbst zum Ziel! Dieser Umstand hat unter anderem auch negative Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit. So belegt die Schweiz im «Ease-of-Doing-Business-Index» der Weltbank nur noch Platz 36 der unternehmensfreundlichen Länder – gleich hinter Aserbaidschan und Israel.
Unternehmen sollen entlastet werden
Während andere Länder Fortschritte beim Regulierungs- und Bürokratieabbau erzielt haben, hat die Schweiz diese Chance verpasst, so das ernüchternde Fazit des letzten Tätigkeitsberichts der ausserparlamentarischen Kommission «KMU-Forum». Dabei drängt die Zeit, denn schon heute machen Regulierungskosten rund 10 Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) der Schweiz aus. Nun kommt aber doch noch Bewegung in die verfahrene Situation. Im Dezember 2022 hat der Bundesrat die Botschaften zum UEG und zur Einführung einer Regulierungsbremse veröffentlicht. Das UEG zielt darauf ab, die Regulierungsbelastung der Unternehmen zu reduzieren und die Digitalisierung von Behördenleistungen weiter auszubauen. Mit der Regulierungsbremse soll ein Anstieg der Regulierungskosten für Unternehmen minimiert werden. Zu diesem Zweck sollen künftig Bundesgesetze, die für Unternehmen mit erheblichen Belastungen verbunden sind, vom Parlament nur noch mit qualifiziertem Mehr verabschiedet werden können.
Bundesrat missachtet den Willen des Parlaments
Die Kantonalbanken engagieren sich seit Jahren für geeignete Massnahmen, die Unternehmen administrativ entlasten und die Regulierungskosten – vor allem unnötige – senken. Entsprechend begrüssen die Kantonalbanken die beiden Vorlagen ausdrücklich. Als Wermutstropfen bleibt, dass der Bundesrat abermals auf die Einführung einer unabhängigen Regulierungsprüfstelle verzichtet, welche die Methodik und Qualität der Regulierungsfolgenabschätzungen (RFA) sicherstellt. Dabei missachtet der Bundesrat durch diesen Entscheid den Willen des Parlaments. Denn die eidgenössischen Räte haben sich mit Annahme der Motionen 15.3400 Vogler und 15.3445 FDP-Liberale Fraktion für eine Schaffung einer unabhängigen Regulierungsprüfstelle ausgesprochen. Auch im Rahmen der Vernehmlassung zur Regulierungsbremse ist die Einführung einer unabhängigen Regulierungsprüfstelle auf breite Unterstützung gestossen.
Es ist somit an der Zeit, dass das Parlament das Heft wieder selbst in die Hand nimmt und die Einführung einer unabhängigen Regulierungsprüfstelle vom Bundesrat einfordert. Mit der aktuell sistierten Parlamentarischen Initiative 19.402 der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerats (WAK-S) steht bereits ein geeignetes Instrument in den Startlöchern, um der Arbeitsverweigerung des Bundesrats ein Ende zu bereiten